Tradition, handgeflochten: Sardische Körbe

Kunsthandwerk und Handarbeit haben auf Sardinien nach wie vor eine große Tradition, die in vielen Ortschaften immer noch von Generation zu Generation weitergegeben wird. Ein besonders eindrucksvolles Beispiel für traditionelles sardisches Kunsthandwerk sind die kunstvoll geflochtenen Körbe aus Pflanzenfasern, die auf der ganzen Welt Bewunderer und Sammler finden. Der Überlieferung nach wurde die Flechttechnik von Mönchen des Ordens Saint’ Antonius aus Ägypten mitgebracht, als diese im 7. Jahrhundert nach Sardinien einwanderten. Sardische Körbe haben also eine bewegte Geschichte.

Sorso und Sennori, Zentren der sardischen Flechtkunst

Im Norden Sardiniens wird dieses ehrwürdige Handwerk besonders in den Nachbarorten Sorso und Sennori gepflegt. Hier werden auch heute noch nach althergebrachter Art Körbe mit oder ohne Deckel hergestellt. Diese Behälter wurden für den Transport oder für die Aufbewahrung von Lebensmitteln wie Brot, Süßigkeiten oder Obst und Dingen wie beispielsweise Wolle und Nähzeug verwendet. Auch Mehlsiebe wurden und werden von den geschickten Kunsthandwerkern aus diesen beiden Ortschaften hergestellt.

Weltberühmte sardische Körbe und ein Korbmuseum: Castelsardo

Unweit von Sorso und Sennori liegt der Küstenort Castelsardo. Die dort hergestellten Körbe gehören zu den weltweit bekanntesten Produkten des sardischen Kunsthandwerks.

Alle Körbe von sardischen Kunsthandwerkern werden streng nach überlieferten Mustern und Regeln hergestellt. Am  häufigsten sind die Spiral- und die Kreuzform. Das Material kann variieren, denn die Handwerker benutzen heimische Pflanzen zum Flechten. So wurden früher etwa in der Region Anglona die Körbe nur aus Getreidehalmen, Seegras und Palmblättern geflochten. Gebrauchsbehälter für die Landwirtschaft oder für die Hirten wurden aus holzartigen Materialien hergestellt z.B. aus Oliven-, Myrten- oder Weidenzweigen.

Historische Beispiele für die sardische Korbflechtkunst sind im Museo dell’intreccio Mediterraneo zu bewundern, das sich im Castello dei Doria in Castelsardo befindet. Das Museum beherbergt nicht nur Körbe aus Sardinien, sondern Stücke aus ganz Italien.

Sardisches Kunsthandwerk: Ein frühes Beispiel für “Form follows Function”

Auf Sardinien sind viele Kunsthandwerker dem ISOLA (Sardisches Institut zur Organisation des Kunsthandwerkes) angeschlossen. Auf der gesamten Insel betreibt ISOLA mehrere Ausstellungs- und Verkaufsräume, in denen man garantiert nur echt sardisches Kunsthandwerk erhält.

Sardiniens Kunsthandwerk entstand weniger aus einer ästhetischen Perspektive als vielmehr aus den Bedürfnissen der Landbevölkerung. Was sollte auch ein Volk von Hirten und Bergbauern mit nutzlosem Zierrat anfangen? Dies ist ein Grund, warum sich das Kunsthandwerk Sardiniens noch immer durch seine Funktionalität auszeichnet. Es spiegelt die wilde Schönheit und den eigenen Charme der sardischen Kultur wider.

Bei der Verwendung der Materialien beweisen die Sarden viel an Geschmack und Originalität. So wurden im Laufe der Zeit die Muster und Formen der sardischen Körbe immer vielfältiger. Beim Kunsthandwerk auf Sardinien verbindet sich Tradition mit einem natürlichen Sinn für Ästhetik und den Eigentümlichkeiten der Inselbewohner. Es werden nur landestypische Materialien verarbeitet.

In den Dörfern und auf den Märkten gibt es die für die jeweilige Gegend charkteristischen handgeflochtenen Körbe zu kaufen. 

Bei einer Reise nach Sardinien lassen sich viele Schätze des sardischen Kunsthandwerks entdecken. Die geflochtenen Körbe sind nur einer davon und es lässt sich noch vieles mehr erkunden und erzählen.

Mit einem sardischen “Adiosu” verabschiedet sich für heute

Joachim Waßmann