Natur pur an Sardiniens Stränden - meine Geheimtipps
Die Umweltorganisation Legambiente veröffentlicht regelmäßig eine Studie zur Qualität der Badestrände in Italien. Unter den Top Ten befinden sich immer auch die sardischen Strände. Die Gemeinde Posada mit La Caletta und San Giovanni gehört regelmäßig dazu.
In jedem Jahr vergibt die Umweltorganisation diese Auszeichnung in Zusammenarbeit mir dem „Touring Club Italiano“. Der TCI ist eine angesehene, öffentliche Institution für alle Themen rund um das Reisen in Italien. Veröffentlicht werden im „Guida Blu“ jährlich die schönsten und saubersten Strände ganz Italiens. Dabei werden nicht nur die Wasserqualität und damit ein hoher Standard in Umweltfragen bewertet, sondern auch attraktive kulturelle Angebote in den jeweiligen Orten sowie sinnvolle Serviceleistungen für Urlauber. Legambiente bewertet bewusst nicht Sardiniens traumhafte Naturstrände, sondern immer nur Strände mit touristischen Angeboten. Naturstrände sollen „natur“ bleiben, und darum ist es besser, sie so wenig wie möglich zu promoten.
Mir gefällt das; denn an meinen Lieblingsstränden möchte ich auch künftig keine „Stabilimenti Balneari“ sehen. Oder ich möchte zumindest die Möglichkeit haben, ungestört mein ganz persönliches Ding zu machen. Das gelingt mir besonders gut in Capo Comino. Hier gibt es keine Hotels, und die Summe der Ferienhäuser ist überschaubar. Dafür gibt es viele Kilometer Pinienwald, der direkt bis an das Meer reicht, aber als Naturschutzgebiet nur mit Erlaubnis betreten werden darf. Mittendrin liegt der flach abfallende, feinkörnige Sandstrand von Capo Comino mit seiner imposanten Dünenlandschaft. Wenn ich mal mit nichts und niemanden etwas zu tun haben will, verkrümele ich mich in den Dünen. Das ist Natur pur; denn hier sehe ich nichts mehr von der Zivilisation. Kein Haus, keine Straße, ja nicht einmal eine Stromtrasse stört die Optik. Kein Autolärm, kein Radiogedudel, nichts ist zu hören, was an Menschen erinnert. Ein paar Stunden Meditation in dieser Idylle, und ich fühle mich leicht und locker. Gewappnet für Email, PC und Mitmenschen.
Haltet mich deswegen bitte nicht für einen Misanthropen. Probiert es aus. Dann werdet ihr mich verstehen. Wenn mir der Sinn hingegen nach Action steht, dann gönne ich mir ein Vergnügen der besonderen Art. Mit dem Boot an die Steilküsten südlich von Orosei. Da gibt es keine Dünen, keine Pinienwälder, wohl aber senkrecht aus dem Wasser aufsteigende Felswände, die zum Hochgebirge des Gennargentu gehören. Auch diese Küstenformation ist sehenswert. Sie ziert die Einbände so ziemlich aller Sardinienführer, besonders wegen der dort eingelagerten Sandstrände wie Cala Luna. Die sind, und darum habe ich das Boot genommen, überhaupt nur über das Meer zu erreichen! Doch, es geht auch zu Fuß, aber dafür muss man sich auf eine mehrstündige Wanderung einlassen. Die führt dafür aber durch eine pittoreske Schlucht, die „Gola su Goroppu“, die angeblich die engste und höchste Europas sein soll. Ich will das an dieser Stelle nicht in Frage stellen. Fakt ist, dass diese Wanderung unvergesslich für jeden ist, der sie gemacht hat.
Mir hat es gefallen, Cala Luna auf die bequeme Art zu erreichen, um zu sehen, was sich dort so alles tut. Ich hatte Glück. Es waren wieder Freeclimber in den Felsen, und auch einen waschechten Seeadler habe ich zu Gesicht bekommen. Auf dem Rückweg lege ich einen Stopp an der Isola dei Pedrami ein. Die befindet sich nahe meines „Heimathafens“ Baia S´Anna in der Nähe von Budoni und ist gar keine Insel, sondern eher nur ein Riff. Dafür aber eines, dass es in sich hat. Es ist erst wenige Jahre her, dass hier ein Schnellboot der italienischen Küstenwache den Zweikampf mit den Felsen verloren hat. Das arg lädierte Schiff habe ich im Hafen von Ottiolu bestaunt. Mehrere Tausend Jahre hingegen ist es her, dass hier eine oder mehrere Galeeren gestrandet sind; denn der Meeresboden rings um die Insel war bei meinem ersten Besuch vor 30 Jahren mit römischen Amphorenscherben buchstäblich übersät. Im ganz flachen Wasser am Riff habe ich auch den Anker einer Galeere gefunden. Heute ist davon nicht mehr allzu viel übrig. Trotzdem macht es mir Spaß, hier zu schnorcheln; denn ein paar schöne Scherben finde ich immer noch. Allerdings beschränke ich mich auf das Ansehen, weil ich Souvenirs dieser Art nicht brauche.
Mit einem sardischen „Adiosu“ verabschiedet sich für heute
Joachim Waßmann
Google-Foto: Capo Comino