Wildpferde, Strandausritte und Pferdefeste auf Sardinien

Sardinien, das wissen meine treuen Leser, ist eine ganz spezielle Insel mit vielen Besonderheiten. Eine davon ist das Giara-Pferd, eine verwilderte Kleinpferderasse, die ausschließlich auf Sardinien vorkommt. Wer danach googelt, findet auf vielen Portalen die Auskunft, dass es sich bei diesen Pferden um eine Hinterlassenschaft der Phönizier handelt. Die Phönizier waren vor den Römern die Herren der Insel und agierten, wie wir im Geschichtsunterricht gelernt haben, als handeltreibende Seefahrer.  Ich habe allerdings gewisse Zweifel an der These von den phönizischstämmigen Pferden.

Europas letzte und einzige Wildpferde bevölkern eine abgeschieden gelegene Hochebene, die „Giara di Gesturi“ in Sardinien

Wie war das mit Sardiniens Wildpferden?

Mit Ackerbau und Viehzucht hatten die aus dem heutigen Libanon stammenden Phönizier nämlich nichts im Sinn. Ihre Handelspartner auf Sardinien waren arme, schlichte Hirten. Mir fällt es daher schwer, zu glauben, dass im siebten vorchristlichen Jahrhundert auf Sardinien mit Pferden gehandelt wurde, die dann aus unerfindlichen Gründen ausbüchsten und seitdem als „Europas letzte und einzige Wildpferde“ eine abgeschieden gelegene Hochebene, die „Giara di Gesturi“ bevölkern. Viel wahrscheinlicher scheint mir zu sein, dass diese Tiere ein Relikt aus der Zeit der spanischen Herrschaft über Sardinien sind. Wenn dies zutrifft, wäre es immer noch sensationell, denn dann hätten es diese Tiere geschafft, zwar nicht zweieinhalbtausend, aber doch immerhin mehr als fünfhundert Jahre ihre Freiheit zu bewahren.

Sollte man die Phönizier-These also rundweg verwerfen? Vielleicht gab es ja doch einen Phönizier mit einem Faible für Pferde. Oder einen sardischen Hirten. Einen Vater vielleicht, der seiner Tochter ein Pferd schenken wollte, so wie es heute oft der Brauch ist. Warum eigentlich nicht? Das würde erklären, warum die Sarden heutzutage immer noch ausgemachte Pferdenarren sind. Und die Reitreviere auf der Insel suchen ohnehin ihresgleichen.

Mein Glaube an die Wildpferde von Sardinien

Ich möchte ja gerne an die hübsche Geschichte von den phönizischen Pferden glauben, denn ich liebe meine Insel, und ich mag die Sarden und ihre so reiche Tradition, zu der ja auch zahlreiche Reiterfeste* gehören. Diese sind teilweise uralt. Da ist z.B. die berühmte „Ardia“ von Sedilo, die auf Kaiser Konstantin zurückgeht und damit im dritten Jahrhundert verwurzelt ist. So lebendig ist Geschichte in Sardinien! Das muss man gesehen, muss man erlebt haben; denn all diese Feste sind bis heute in keiner Form vom Tourismus verfälscht worden. Sie sind noch immer reine Folklore und noch immer frei von touristischem Kommerz.

Natürlich gibt es auf meiner Lieblingsinsel auch reichlich Gelegenheit, sich selbst auf ein Pferd und in den Sattel zu schwingen. Reitausflüge am Strand auf Sardinien gehören mit zum Schönsten, was passionierte Reiter im Urlaub unternehmen können. Hier bewegen sich Pferd und Reiter noch durch unverfälschte Natur, die noch nicht von hässlichen Bauten und anderen Zivilisationsmerkmalen verschandelt ist. Besuchen Sie zum Beispiel den Reitstall „Su Meriacru“. Von hier werden Reitausflüge an den Strand von Berchida organisiert. Der liegt zwischen Capo Comino und Cala Liberotto. In seinem Sardinien-Reiseführer bezeichnet der Autor Peter Höh diesen treffend als den “traumhaftesten Robinson-Crusoe-Strand”. Aus eigener, durchaus leidvoller Erfahrung kann ich diese Schilderung bestätigen, denn meine Tochter  zwingt mich Jahr für Jahr, mit ihr Ausritte unter anderem am Strand von Berchida zu unternehmen, und ich bin nicht der größte Freund der vierbeinigen Zossen. Mir sind und waren Pferde stets ein wenig unheimlich. Auf jeden Fall bin ich auf diese Weise unfreiwillig zum Reitexperten geworden.

Reitausflüge am Strand auf Sardinien gehören mit zum Schönsten, was passionierte Reiter im Urlaub unternehmen können.

Mit einem sardischen „Adiosu“ verabschiedet sich für heute

Joachim Waßmann

 

*PS. Ich persönlich, das sollte klar geworden sein, bevorzuge den passiven Reitgenuss bei den sardischen Reiterfesten. Hier eine Auswahl besonders lohnender Veranstaltungen:

 

Oristano: Sa Sartiglia, Februar/März

Sassari: Cavalcata Sarda, Ende Mai

Lussurgiu: Fiera del Cavallo, Anfang Juni

Sedilo: Ardia di Sedilo, Anfang Juli

Nuoro: Sagra del Redentore, Ende August

Aritzo: Rodeo di Aritzu, September

Lassen Sie sich von vielfältigen Sardinien Themen inspirieren

Hier beginnt die vielleicht schönste Steilküste des Mittelmeeres. Hier finden Sie einen wunderschönen langen Sandstrand, der kaum vom Tourismus berührt wird.

Weiterlesen … Osalla

Sandräuber erwartet auf Sardinien spätestens bei der Abreise am Flughafen eine böse Überraschung, denn Gepäck wird gezielt auf Sand durchleuchtet.

Stellen Sie sich vor, Sie liegen an einem von Sardiniens herrlichen Stränden. Der Sand ist weiß und weich wie Puderzucker, vor Ihnen glitzert das türkisblaue Meer in der strahlenden Sonne und der

Weiterlesen … Sardischer Sand – ein harmloses Souvenir?

Canto a Tenore: die archaischen sardischen Hirtengesänge  werden  immer von einer Gruppe aus vier Männern angestimmt

Sardinien, das auch als “kleiner Kontinent” bezeichnet wird, ist selbst in Zeiten zunehmender Globalisierung noch eine Welt für sich. Hier haben sich uralte Traditionen erhalten, die es in dieser Form

Weiterlesen … Der Canto a Tenore – Eine uralte Gesangstadition auf Sardinien

Der feinkörnige Sandstrand von Budoni ist in seiner Schönheit einzigartig. Das weiß auch die Werbebranche, weshalb man den Strand bereits in zahlreichen Werbespots bewundern konnte, darunter auch eine

Weiterlesen … Budoni Sandstrand

Dass Völker, Volksgruppen, ethnische Minderheiten oder andere Gemeinschaften für Selbstverwaltung in einem eigenen geografischen Raum eintreten, gehört zu den Grundmustern sozialen Verhaltens. Die

Weiterlesen … Sardinien – ein Kanton der Schweiz?

Malloreddus (wörtlich: männliche Kälbchen). Auf den ersten Block könnte man sie für Gnocchi halten, doch die Ähnlichkeit endet bei der äußeren Form.

Der Jahresbeginn ist eine triste Zeit – Glanz und Glitzer von Advent und Weihnachten sind vorbei, die Bäume sind kahl, alles ist graubraun, es wird immer noch viel zu früh dunkel und die Sonne zeigt

Weiterlesen … Die Pasta-Omis von Sardinien